Wir bestellen Pizza bei unserem Lieblingsitaliener, essen Döner bei der türkischen Imbiss-Bude um die Ecke oder genießen südeuropäisches Flair in der spanischen Tapas-Bar: Wenn es um Migranten als selbständige Unternehmer geht, fallen den meisten oft nur Beispiele aus der Gastronomie ein. Das dem nicht so ist, zeigen das Kommunale Integrations-zentrum des Kreises Lippe (KI), die Hochschule OWL und die Katholische Hochschule NRW, Abteilung Paderborn (KatHO NRW) mit dem Projekt „Migrantenökonomie – Unternehmerische Vielfalt in Lippe“ auf. Gefördert von der Stiftung Standortsicherung Kreis Lippe, haben die Beteiligten in den vergangenen Monaten die Unternehmensleistung von Migranten erforscht und die Ergebnisse jetzt vorgestellt.
Ziel der Studie ist es, Migranten ein Gesicht zu geben, ihr positives Wirken bekannter zu machen und – auch vor dem aktuellen Hintergrund der Flüchtlingsdebatte – Akzeptanz in der Öffentlichkeit zu schaffen. „Das mit der Sprache war anfangs hart, aber ich habe mich einfach hingesetzt und gelernt“, erinnert sich Andre Isaak an seine erste Zeit in der neuen Heimat. 1990 ist er mit seiner Familie von Kirgistan nach Deutschland ausgewandert. Heute ist Isaak erfolgreicher Inhaber einer Fahrschule mit Vertretungen in Detmold und Lemgo. Mit leichtem Akzent, aber grammatikalisch fehlerfrei hat er den Forschern seine Geschichte erzählt, als einer von 20 befragten Unternehmern in Lippe. „Unternehmer mit Migrationshintergrund waren bisher kaum im Blick der Forschung“, erzählt Alexandra Steeger, Leiterin des KI, von der schwierigen Ausgangslage. Ein Baustein des Projektes war es daher, belastbare Daten zu diesem Thema zu recherchieren und zusammenzustellen. Die Fragestellungen bezogen sich z.B. auf die Motivation zur Selbständigkeit, den Einfluss des Migrationshintergrundes auf ihre Tätigkeit, die Einflüsse von Familie, Religion und Herkunftsland sowie die Wahrnehmung der deutschen Gesellschaft und der Region Lippe. Der Schwerpunkt lag auf Unternehmen mit russland-deutschen und türkischem Hintergrund. Auch wenn der Grad der Religiosität und der Verbundenheit mit dem Herkunftsland sehr unterschiedlich ausgeprägt ist, sind beide Faktoren doch bei jedem der Befragten im beruflichen Alltag spürbar. Alle eint, dass sie sich nicht vorstellen können, in das Herkunftsland zurückzukehren, und eine hohe Akzeptanz ihrer Arbeit in Deutschland erfahren haben. Auch die Unterstützung durch Institutionen und Verbände wurde positiv bewertet. „Die hier präsentierten Beispiele zeigen deutlich, was für ein Gewinn diese engagierten Menschen für uns in Lippe sind“, betont Landrat Dr. Axel Lehmann. „Sie sind Arbeitgeber für andere Menschen und vielleicht sogar ein positives Beispiel für die Flüchtlinge, die gerade zu uns kommen und über ihre Zukunft nachdenken“. Das sieht auch Dr. A. Heinrike Heil, Geschäftsführerin der Stiftung Standortsicherung, so: „Die Erfolgsgeschichten der Unternehmer zeigen Chancen auf, die in Lippe bestehen. Sie können als Vorbild und Motivation dienen, diese Chancen einmal selbst zu ergreifen“.
Zum Abschluss des Projektes hat die Hochschule OWL vier Imagefilme mit befragten Unternehmern gedreht. „Diese wollen wir bei Veranstaltungen, auf unseren Internetseiten und in Medien einsetzen, um Einblick in die Vielfalt der Unternehmen von Menschen mit Migrationshintergrund in Lippe zu geben und hoffentlich Vorurteile abbauen zu können“, erklärt Steeger.